Stop & Go: Der Sinn 910 Anniversary Split-Seconds Chronograph im Test

Ein Split-Seconds-Chronograph ist eine eher seltene Komplikation. Sinn bietet das Modell 910 Anniversary zu einem vernĂŒnftigen Preis an. In diesem Besuch im WatchTime-Archiv sehen wir uns unseren letzten Uhrentest zu diesem Modell an und nehmen diese Retro-Stoppuhr mit modernen Funktionen genauer unter die Lupe.

WĂ€hrend Sinn vor allem in der Kollektion Frankfurt Financial District Watches verschiedene klassische Modelle anbietet, ist die Frankfurter Marke vor allem fĂŒr ihre sportlichen replica uhren und funktionalen Zeitmesser bekannt. Darunter befindet sich auch ein bemerkenswert eleganter Chronograph. Der 910 Anniversary Split-Seconds Chronograph, unsere Testuhr, ist durchaus erwĂ€hnenswert und verdient eine starke Empfehlung fĂŒr Liebhaber und Sammler. Dieses in einer limitierten Auflage von 300 StĂŒck erhĂ€ltliche Modell ist eine RaritĂ€t in der Welt der Uhren: ein SĂ€ulenrad-Chronograph mit Split-Seconds-Funktion zu einem erschwinglichen Preis von 6.330 $.

Mitnehmen und Einholen erfordern stabile Uhrwerkskonstruktionen
Außer der bemerkenswerten Double Felix aus der kleinen, aber feinen Manufaktur Habring2 in Völkermarkt, Österreich, findet man kaum etwas Vergleichbares. Dieses Modell ist mit einem Manufakturkaliber mit Handaufzug ausgestattet und kostet 7.750 Euro. Und am oberen Ende der Skala liegt die A. Lange & Söhne Triple Split fĂŒr 147.000 Dollar, die ĂŒber eine dreifache Rattrapante und Flyback-Funktion sowie zahlreiche weitere technische Raffinessen verfĂŒgt.

Ein Split-Second-Chronograph, auch Doppel- oder Rattrapante-Chronograph genannt, hat zwei Zeiger fĂŒr die abgelaufene Zeit, daher der Name “Doppel”-Chronograph. Diese beiden Zeiger können unabhĂ€ngig voneinander gestartet, gestoppt und auf Null zurĂŒckgesetzt werden, so dass Sie Zwischenzeiten zĂ€hlen können. Der deutsche Begriff Schleppzeiger, der auf dem Zifferblatt unserer Testuhr zu lesen ist, unterstreicht einen Aspekt des Split-Second-Chronographen: Der erste Sekundenzeiger trĂ€gt den zweiten mit, bis dieser unabhĂ€ngig vom ersten gestoppt wird und sich weiterbewegt. Der französische Begriff rattrapante, der so viel wie “wieder einfangen” bedeutet, verweist auf den anderen Aspekt dieser uhrmacherischen Komplikation: Der kurzzeitig angehaltene Zeiger kann ausgelöst werden, um seinen Begleiter einzuholen, der dann eine lĂ€ngere Zeitspanne misst.

Egal, ob man den Vorgang als “MitfĂŒhren” oder als “Einholen” betrachtet, ein Sekundenbruchteil-Chronograph erfordert eine stabile und flexible Verbindung, die zudem sparsam mit der begrenzten Energie sein muss, die fĂŒr den Betrieb des Uhrwerks zur VerfĂŒgung steht. Die technischen Schwierigkeiten beginnen bei den extrem langen Wellen der beiden Sekundenzeiger, die mĂŒhsam durch das gesamte Werk bis zum Zifferblatt gefĂŒhrt werden mĂŒssen. Der Sekundenzeiger ist auf der Zifferblattseite an der zentralen Welle des Chronographen befestigt, die mit dem Rattrapante-Herz verbunden ist. Dieses Herz hat die Aufgabe, den nacheilenden Sekundenzeiger zu seinem Begleiter eilen zu lassen, damit er, nachdem er kurz angehalten wurde, um eine Zwischenzeit abzulesen, synchron mit ihm weiterlaufen kann. Die Aufgabe, diese schlanke Nadel anzuhalten, wird einer Feder anvertraut. Wenn diese Feder losgelassen wird, lĂ€uft der angehaltene Zeiger schnell wieder zu seinem Begleiter.

Was hier kurz erlĂ€utert wird, ist technisch sehr komplex, weshalb sich nur wenige Hersteller der meist kostspieligen Herausforderung stellen, eine eigene Split-Second-Konstruktion zu entwerfen. Einer davon ist der Schweizer Uhrwerkhersteller La Joux-Perret, ehemals Jaquet, der seit 2012 zur Citizen Holding gehört und sich auf SpezialitĂ€ten und komplexe Umbauten bestehender Werke konzentriert. Ein solcher Umbau ist eine Modifikation des ETA/Valjoux-Kalibers 7750, das La Joux-Perret mit einem SĂ€ulenrad zur Steuerung der Chronographenfunktionen und mit zwei Sekundenzeigern fĂŒr die Rattrapante-Funktion ausstattet. Sinn verbaut dieses modifizierte Kaliber in seinem 910 Anniversary Split-Seconds Chronograph. In der Vergangenheit waren Ă€hnliche Modifikationen in Uhren von Hublot, Panerai, Vulcain, Hanhart und Graham zu finden. GegenwĂ€rtig gibt es jedoch nur wenige vergleichbare Modelle auf dem Markt, was auch fĂŒr Split-Seconds-Chronographen im Allgemeinen gilt. La Joux-Perret bezeichnet dieses Kaliber mit der Nummer 8602-1. Sinn verzichtet auf eine eigene Bezeichnung und verwendet als Basiswerk das ETA/Valjoux 7750, was auch auf der Werksplatine eingraviert ist.

Ein exklusives Uhrwerk hinter einem Saphirglas im ManufakturgehÀuse
Wer durch das transparente Saphirglas im verschraubten Vollgewindeboden des 41,5-mm-EdelstahlgehĂ€uses der GlashĂŒtter SUG blickt, kann die sieben SĂ€ulen des geblĂ€uten SĂ€ulenrads des Chronographen bewundern, aber der Sekundenbruchteil-Mechanismus bleibt unsichtbar. Dieses Uhrwerk ist mit einer Glucydur-Unruh, geblĂ€uten Schrauben und verschiedenen Verzierungen ausgestattet. Wir haben am Handgelenk eine tĂ€gliche Gangreserve von 3,5 Sekunden und auf unserer Zeitmessmaschine zwischen 4 und 5 Sekunden gemessen. Der Gang blieb auch bei eingeschalteter Chronographenfunktion stabil. Am Handgelenk beobachteten wir ein Ă€hnlich stabiles Gangverhalten.

Die Chronographenfunktionen der 910 Anniversary werden ĂŒber drei DrĂŒcker gesteuert, die ein wenig an Pilze oder umgedrehte ZylinderhĂŒte erinnern. Der dritte dieser DrĂŒcker befindet sich etwa bei 8 Uhr, was eine ungewöhnliche Position fĂŒr den Auslöser der Split-Second-Funktion ist. Die meisten Hersteller von Rattrapante-Chronographen platzieren diesen DrĂŒcker entweder bei der 10 oder in der Krone, Habring2 beispielsweise wĂ€hlt die 10, Montblanc die Krone. Wie bei einem gewöhnlichen Chronographen löst ein Druck auf den Knopf bei der 2 den Lauf der beiden Sekundenzeiger aus. Es ist jedoch auch möglich, den zweiten Sekundenzeiger in seiner Nullposition zu belassen, indem man vor dem Starten des Chronographen den DrĂŒcker bei der 8 drĂŒckt. DrĂŒckt man diesen DrĂŒcker erneut, so springt der unbewegliche Stoppsekundenzeiger hinter seinem schwingenden Zwilling her.

Durch DrĂŒcken der Taste an der 2 wird der synchron laufende Aufholzeiger zum Stillstand gebracht, ohne dass dadurch die weitere Bewegung des Aufholzeigers im Uhrzeigersinn unterbrochen wird. Die Befehle zum Starten, Stoppen und Wiedereinfangen können beliebig oft variiert und wiederholt werden. Alle Befehle werden reibungslos ausgelöst und prĂ€zise befolgt. Lediglich der RĂŒckstellknopf mit NullrĂŒckstellung bei der 4 bietet etwas mehr Widerstand, was aber kein Problem darstellt. Der zentrale Sekundenzeiger des Chronographen und sein Minutenzeiger auf dem Hilfszifferblatt bei der 3 sind rot gefĂ€rbt. Dies erleichtert die Unterscheidung zwischen den normalen Zeigern fĂŒr die abgelaufene Zeit und der zusĂ€tzlichen Rattrapante-Funktion. Ein roter Indexstrich fĂŒr die erste abgelaufene Minute auf dem Hilfszifferblatt zeigt an, dass die Rattrapante-Funktion nur innerhalb eines 60-Sekunden-Intervalls relevant ist. So können gestoppte Zwischenzeiten in Sekunden und Sekundenbruchteilen voneinander unterschieden werden.

Die filigranen Stoppsekundennadeln verleihen dem Zifferblatt zusammen mit den beiden Tachymeterskalen auf einem breiten Ring am Rande des Zifferblattes einen instrumentellen Charakter und unterstreichen eine der primĂ€ren Anwendungen eines Split-Second-Chronographen, nĂ€mlich die Geschwindigkeitsmessung, zum Beispiel bei Oldtimer-Rallyes, an denen Sinn gelegentlich mit eigenen Teams teilnimmt. Die zweite der beiden Tachymeterskalen kann ebenfalls zur Geschwindigkeitsmessung genutzt werden, ist aber fĂŒr langsamere Geschwindigkeiten bis 30 Kilometer pro Stunde kalibriert. Wie es sich fĂŒr eine Uhr aus dem Hause Sinn gehört, sind die Kalibrierungen fĂŒr die normale Sekunde absolut korrekt: Drei kurze ZwischenschlĂ€ge zwischen jedem lĂ€ngeren Zeigerpaar entsprechen perfekt der 4-Hz-Frequenz der Unruh. Zudem reichen beide Sekundenzeiger genau bis zum Ă€ußeren Ende dieser schlanken Indexe. Der ebenfalls schlanke Minutenzeiger fĂŒr die Hauptzeit trĂ€gt eine sehr dĂŒnne Spitze, die genau lang genug ist, um die Ă€ußeren Enden der schwarz applizierten Stundenindizes und damit auch die Ă€ußeren Enden der aufgedruckten Striche auf der Sekundenskala zu erreichen. Die fein kalibrierten Skalen, das Ensemble der nadelartigen Zeiger und der Beigeton des Zifferblatts unterstreichen den vom Hersteller bewusst gewĂ€hlten Retro-Look dieses Zeitmessers.

Eine Retro-Stoppuhr mit einem guten Preis-Leistungs-VerhÀltnis
Nicht zuletzt trĂ€gt das hellbraune Lederarmband zum altmodischen Charme dieser Armbanduhr bei. Innen gepolstert, mit farblich abgesetzten, handgenĂ€hten NĂ€hten versehen und mit einer Dornschließe versehen, trĂ€gt es den Sekunden-Split-Chronographen zuverlĂ€ssig an das Handgelenk seines TrĂ€gers. Die Uhr wird auch mit einem massiven Edelstahlarmband geliefert, was das unschlagbare Preis-Leistungs-VerhĂ€ltnis dieses Modells noch weiter verbessert.

MERKMALE:
Hersteller: Sinn Spezialuhren GmbH, Wilhelm-Fay-Strasse 21, 65936 Frankfurt am Main, Deutschland
Kennziffer: 910
Funktionen: Stunden, Minuten, Hilfszifferblatt fĂŒr den kontinuierlich laufenden Sekundenzeiger, Rattrapante-Chronograph (zentraler Sekundenzeiger fĂŒr bis zu 30 abgelaufene Minuten, zentraler Rattrapante-Zeiger), doppelte Tachymeterskala
Uhrwerk: ETA/Valjoux 7750, automatisch, modifiziert und ausgestattet mit einem SĂ€ulenrad von La Joux-Perret (8602-1), 28.800 U/min, 31 Lagersteine, Glucydur-Unruh, Nivarox-Spirale, Feinregulierung ĂŒber Bipartite-Index, Nivarox-Stoßsicherung, 55 Stunden Gangreserve, Durchmesser = 30,4 mm, Höhe = 8,40 mm
GehĂ€use: Edelstahl mit beidseitig entspiegeltem Saphirglas ĂŒber dem Zifferblatt, GehĂ€useboden aus Saphirglas auf der Innenseite entspiegelt, wasserdicht bis 100 Meter
Armband und Schließe: Lederband mit Dornschließe und massives Edelstahlarmband
Gangresultate (Abweichung in Sekunden pro 24 Stunden, voll aufgezogen/nach 24 Stunden):
Am Handgelenk +3,5
Zifferblatt aufwÀrts +6,7 / +4,0
Zifferblatt abwÀrts +6,0 / +5,1
Krone aufwÀrts +2,6 / +2,6
Krone unten +5.9 / +5.7
Krone links +4,5 / +3,5
GrĂ¶ĂŸte Abweichung 4,1 / 3,1
Mittlere Abweichung +5,1 / +4,2
Durchschnittliche Amplitude:
Flache Stellungen 337° / 308°
HÀngende Stellungen 310° / 275°
Abmessungen: Durchmesser = 41,48 mm, Anstoßbreite = 22 mm, Höhe = 15,59 mm, Gewicht = 110,0 Gramm
Limitierte Auflage von 300 StĂŒck
Preis: $6.330